Die künftige Höhe des Mindestlohns ist ein Thema im Wahlkampf. SPD und Grüne sprechen sich für eine Erhöhung auf 12 Euro pro Stunde aus. Der SoVD fordert einen armutsfesten Mindestlohn von 13 Euro in der Stunde – die Linke hat diesen Punkt ebenfalls im Programm.
Nach Einschätzung von Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, würden viele Menschen bereits von einer Anpassung auf 12 Euro stündlich profitieren. Gegenüber der Nachrichtenagentur dpa sprach er von „größten sozialen Verbesserungen“ für etwa zehn Millionen Betroffene im Land.
DIW-Präsident sieht Vorteile
Wie schon bei der Einführung des Mindestlohnes im Jahr 2015 gibt es Bedenken konservativer Ökonomen, die vor dem Verlust von Arbeitsplätzen warnten. Diese Befürchtungen bestätigten sich damals nicht. Auch jetzt würde eine deutliche Erhöhung nicht zu mehr Arbeitslosigkeit führen, so die Einschätzung Fratzschers: „Für mehr als ein Fünftel aller Beschäftigten würde es zum Teil drastische Lohnerhöhungen bedeuten. Ein höherer Mindestlohn würde wahrscheinlich wenige Jobs kosten.“
Stattdessen gäbe es Vorteile, nicht nur für die Betroffenen, sondern auch für den Staatshaushalt. Der Ökonom sagte weiter: „Ein Mindestlohn von zwölf Euro wäre aus jeglicher Perspektive sinnvoll – abgesehen davon, dass es dem Staat auch eine Menge zusätzliche Steuereinnahmen bringt, umgerechnet 17 bis 20 Milliarden Euro an zusätzlichen Steuereinnahmen durch zusätzliche wirtschaftliche Aktivität, höhere Einkommen und damit höheren Konsum.“ Zudem würden Sozialausgaben für sogenannte Aufstocker wegfallen.
Aufholbedarf beim Mindestlohn
Der deutsche Mindestlohn von derzeit 9,60 Euro pro Stunde soll bis Mitte nächsten Jahres auf 10,45 Euro steigen. Auch damit wäre er aber noch weit weg vom EU-Ziel, nachdem er 60 Prozent des Durchschnittslohns betragen solle.
Bei einer Umfrage im Auftrag des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) sprachen sich 78 Prozent der Deutschen für einen Mindestlohn von 12 Euro aus.