Seit Jahren kritisiert der SoVD dieses Vorgehen als unsolidarisch: Anstatt staatliche Aufgaben aus Steuermitteln zu bezahlen, wälzt der Bund die Kosten hierfür auf die gesetzliche Krankenversicherung ab. Die Quittung bekommen nun die Versicherten. Ab dem nächsten Jahr müssen sie voraussichtlich einen deutlich höheren Zusatzbeitrag bezahlen. Und leider steht auch für die kommenden Jahre zu befürchten, dass sich diese Kostenspirale weiter dreht.
Mit Beginn des neuen Jahres wird die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) wohl spürbar teurer. Darauf wies kürzlich der sogenannte Schätzerkreis hin. In diesem sitzen Fachleute unter anderem aus dem Bundesgesundheitsministerium und dem GKV-Spitzenverband. Regelmäßig bewertet das Gremium die Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben innerhalb der GKV und gibt auf dieser Grundlage eine Prognose für das folgende Jahr ab. Diese wiederum dient dann als Grundlage für die Festlegung des durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes, den gesetzlich Versicherte auf den allgemeinen Beitragssatz von 14,6 Prozent ihres Einkommens obendrauf bezahlen müssen. Jeweils die Hälfte der Kosten übernehmen Arbeitgeber beziehungsweise Rentenversicherung.
Für das Jahr 2025 geht der Schätzerkreis von einer Finanzierungslücke innerhalb der GKV von 13,8 Milliarden Euro aus. Legt man diese Summe auf alle gesetzlich krankenversicherten Menschen um, ergibt sich rein rechnerisch pro Kopf ein durchschnittlicher Zusatzbeitrag von 2,5 Prozent. Dessen Satz liegt derzeit bei 1,7 Prozent.
Versicherungsfremde Leistungen belasten Kassen
Entscheidend ist jedoch, dass es sich hierbei stets um einen Durchschnittswert handelt. Das bedeutet, über die konkrete Höhe des Zusatzbeitrages entscheidet letztlich jede Krankenkasse individuell nach Bedarf. Anders als der reguläre Beitragssatz, der für alle Versicherten gleich hoch ist, unterscheidet sich somit der anfallende Zusatzbeitrag von Kasse zu Kasse. Da dies nicht zuletzt eine entscheidende Rolle für den Wettbewerb spielt, macht es sich keine Krankenkasse leicht, von ihren Versicherten einen höheren Zusatzbeitrag einzufordern.
Angesichts bereits in diesem Jahr gestiegener Ausgaben sind die finanziellen Reserven der meisten gesetzlichen Krankenkassen inzwischen jedoch aufgebraucht. Woran liegt das?
Neben zuletzt stark gestiegenen Kosten insbesondere im Krankenhaus und bei Arzneimitteln weisen die Krankenkassen vor allem auf die zunehmende Belastung durch versicherungsfremde Leistungen hin. Sie kritisieren, dass die Bundesregierung ihrer finanziellen Verantwortung für gesamtgesellschaftliche Aufgaben nicht nachkomme. So zahle der Bund beispielsweise seit Jahren viel zu niedrige Beiträge für die gesetzliche Krankenversicherung der Menschen, die Sozialhilfe, Arbeitslosenhilfe oder Bürgergeld erhalten. Anstatt diese Kosten aus Steuermitteln zu begleichen, müssten hierfür Beitragsmittel herhalten.
SoVD: Pflege ist gesamtgesellschaftliche Aufgabe
Auch die SoVD-Vorstandsvorsitzende Michaela Engelmeier bezeichnete es als völlig inakzeptabel, dass sich der Bund seiner Finanzierungsverantwortung entziehe und auf Beitragssteigerungen setze, nur um den Haushalt zu schonen. Mit Blick auf die vermutlich ebenfalls steigenden Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung sagte Engelmeier: „Diese Praxis muss beendet und gesamtgesellschaftliche Aufgaben müssen aus Steuermitteln finanziert werden.“
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) setzt derzeit viel Hoffnung auf die Krankenhausreform. Langfristig, so Lauterbach, werde diese den Anstieg der Beiträge und somit auch die Belastung der gesetzlich Versicherten begrenzen.
Andreas Storm, Vorstandsvorsitzender der DAK-Gesundheit, hält das für absurd. Für den im Rahmen der Klinikreform geplanten Transformationsfonds hätten die Kassen keine Reserven mehr. Folgerichtig müsste der Zusatzbeitrag dann erneut steigen.