Die Politik wird in Berlin gemacht, doch sie sollte sich mit dem ganzen Land beschäftigen. Um zu erforschen, wie es in der „Provinz“ zugeht, veröffentlicht die Bundesregierung alle vier Jahre den „Bericht zur Entwicklung der ländlichen Räume“. Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) und Innenminister Horst Seehofer (CSU) stellten das aktuelle Papier am 11. November gemeinsam vor.
Obwohl fast 90 Prozent der Fläche Deutschlands ländlich geprägt ist und etwa die Hälfte der Bevölkerung dort lebt, ist messbar, dass diese Regionen in einigen Bereichen hinterherhinken.
Gerade die medizinische und pflegerische Versorgung im ländlichen Raum ist unterentwickelt. Während es in den meisten kreisfreien Städten mit dem Auto nicht länger als zehn Minuten bis zum nächsten Krankenhaus dauert, sind es in etwa 100 Landkreisen 20 bis 30 Minuten. Gerade bei zeitkritischen Erkrankungen wie Schlaganfällen oder Herzinfarkten kommt es auf jede Minute an.
Steigender Bedarf auf dem Land
Laut dem Bericht sei das Angebot an ambulanten Gesundheits- und Pflegediensten in ländlichen Regionen derzeit noch als flächendeckend einzuschätzen. Allerdings steige der Bedarf dort stärker als in den Städten. Nicht nur Patient*innen, sondern auch Hausärzt*innen alterten dort.
Die ländlichen Regionen sind also tendenziell unterversorgt und zudem gefährdet, weiter abgehängt zu werden.
Die „Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse“ ist als eine Aufgabe im Grundgesetz festgehalten. Um diese im Bereich von Gesundheit und Pflege zu erreichen, ist aus Sicht des SoVD eine stärkere Patientenorientierung nötig.
Gleichmäßige Versorgung sichern
Eine Patientenorientierung, wie sie der SoVD versteht, heißt, flächendeckend eine qualitativ hochwertige und wohnortnahe Versorgung sicherzustellen.
Fehlversorgung, vor allem in Form der Unterversorgung ländlicher oder strukturschwacher Gebiete und der Überversorgung in Ballungszentren, muss beseitigt werden. Ein ungleicher Zugang zu ärztlicher Versorgung ist vor dem Hintergrund des gleichen Versichertenstatus in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht hinnehmbar. Erforderlich ist eine kleinräumige, bedarfsorientierte Planung für eine barrierefreie Versorgung, die insbesondere die Belange von behinderten und älteren Menschen sowie von Frauen und Familien mit Kindern berücksichtigt.
Außerdem weist der SoVD darauf hin, dass eine mangelhafte Infrastruktur nicht nur zu Problemen bei der Gesundheitsversorgung der Bevölkerung führt. Wer weit weg vom nächsten Zentrum wohnt, hat eine höhere Wahrscheinlichkeit Einsamkeit oder sozialer Isolation ausgesetzt zu sein.
Unterstützung durch Strukturfonds
In seiner Stellungnahme zum Terminservice- und Versorgungsgesetz begrüßte der SoVD, dass das neue Gesetz gezielt Ärztinnen und Ärzte in unterversorgten Gebieten unterstützt. Aus einem Strukturfonds erhalten diese Zuschläge, um so die flächendeckende ambulante Versorgung sicherzustellen. Diesen Fonds finanzieren Krankenkassen und Kassenärztliche Vereinigungen gemeinsam.
Der SoVD bewertet den Ansatz als sinnvoll. Gleichzeitig weist der Verband aber auch darauf hin, dass eine Unterversorgung die gesamte Bevölkerung betrifft und somit nicht allein ein Problem der gesetzlichen Krankenversicherung ist.