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Stellungnahme zum Referentenentwurf für das 2. Betriebsrentenstärkungsgesetz

Rente

SoVD-Stellungnahme zum Referentenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales und des Bundesministeriums der Finanzen Zweites Gesetz zur Stärkung der betrieblichen Altersversorgung und zur Änderung anderer Gesetze (2. Betriebsrentenstärkungsgesetz)

1   Zusammenfassung des Referentenentwurfs

Ziel des Referentenentwurfs für ein zweites Gesetz zur Stärkung der betrieblichen Altersversorgung und zur Änderung anderer Gesetze ist es, die betriebliche Altersversorgung „quantitativ und qualitativ“ weiter auszubauen und zu stärken. Dies soll mit einem besonderen Fokus auf kleine Unternehmen und Beschäftigte mit geringen Einkommen geschehen.

So soll insbesondere das Sozialpartnermodell, das mit dem ersten Betriebsrentenstärkungsgesetz eingeführt wurde, gezielt weiterentwickelt werden. Hierzu ist eine Öffnung nichttarifgebundener Unternehmen für alle Arbeitsverhältnisse im Zuständigkeitsbereich der das Sozialpartnermodell tragenden Gewerkschaft vorgesehen. Damit soll der potenzielle Teilnehmenden-Kreis ausgeweitet werden.

Außerdem soll die Geringverdiener-Förderung verbessert werden, indem der Förderhöchstbetrag von 288 Euro auf 360 Euro angehoben und die Einkommensgrenze durch eine Kopplung an die Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung dynamisiert werden soll.

Dabei setzt der Referentenentwurf weiterhin auf Freiwilligkeit. Eine verpflichtende betriebliche Altersversorgung ist explizit nicht vorgesehen.

Wenn Beschäftigte eine Teilaltersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen, sollen sie zukünftig auch ihre Betriebsrente vorzeitig in Anspruch nehmen können – mit entsprechenden Abschlägen.

Darüber hinaus sieht der Referentenentwurf weitere Regelungen im Bereich des Arbeits-, Finanzaufsichts- und Steuerrechts vor. In der Stellungnahme wird der Schwerpunkt auf den Regelungen zum Sozialpartnermodell und der Geringverdiener-Förderung liegen. Zusätzlich soll mit dem Referentenentwurf die gesetzliche Ermächtigung geschaffen werden, in der Schwerbehindertenausweisverordnung Regelungen zum Europäischen Ausweis für Menschen mit Behinderungen zu treffen. Auch darauf wird in dieser Stellungnahme eingegangen.

2   Gesamtbewertung

Für den SoVD steht die gesetzliche Rentenversicherung im Mittelpunkt der Alterssicherung in Deutschland. Sie muss den Lebensstandard im Alter sichern und daher weiter gestärkt werden.

Die betriebliche Altersversorgung kann – genau wie die private Altersvorsorge – nur eine Ergänzung sein. Daher begrüßt es der SoVD, dass weiterhin auf Freiwilligkeit bei der betrieblichen Altersversorgung gesetzt wird. Laut dem Referentenentwurf hat nur jede*r Zweite eine aktive Betriebsrentenanwartschaft. Vor allem Beschäftigte in kleineren Betrieben und mit geringerem Einkommen haben seltener eine Betriebsrente bzw. eine Betriebsrentenanwartschaft, weshalb es richtig ist, dass der Referentenentwurf bei seinen Maßnahmen genau diese Personengruppen im Blick hat.

Laut der Studie Alterssicherung in Deutschland 2019 (ASID 2019) gibt es nach wie vor große Unterschiede bei der Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung in der Privatwirtschaft hinsichtlich Geschlecht und Ost/West. Außerdem gibt es auch bei der Höhe der Betriebsrenten einen deutlichen Unterschied zwischen Männern und Frauen. Demnach haben 24 Prozent der Männer und 8 Prozent der Frauen in Deutschland ab 65 Jahren eine Betriebsrente. Die durchschnittliche Brutto-Betriebsrente von Männern beträgt 605 Euro, die von Frauen 238 Euro. Die Verbreitung von Betriebsrenten im Osten fällt mit 9 Prozent (Männer) bzw. 4 Prozent (Frauen) deutlich niedriger aus, genauso wie die Rentenhöhe bei den Männern. Sie liegt im Durchschnitt bei 380 Euro. Die durchschnittlichen Betriebsrenten von Frauen liegen hingegen mit 245 Euro über dem Gesamtschnitt von Frauen.

Es ist daher folgerichtig, dass mit dem zweiten Betriebsrentenstärkungsgesetz das Ziel verfolgt wird, Betriebsrenten gerade auch für diejenigen attraktiver zu machen, die über ein geringeres Einkommen verfügen und in tendenziell kleineren Unternehmen beschäftigt sind. Diese Beschäftigten bzw. Unternehmen sind in der Regel nicht tarifgebunden, so wie auch viele Betriebe in den ostdeutschen Bundesländern. Mit den vorgesehenen Regelungen können dann auch mehr Frauen erreicht werden. Denn sie sind in der Regel in kleinen, nicht-tarifgebundenen Betrieben beschäftigt und haben gegenüber Männern ein durchschnittlich niedrigeres Einkommen, was sich dann auch in der Höhe des Alterseinkommens widerspiegelt.

Auch wenn für den SoVD die gesetzliche Rentenversicherung den Schwerpunkt bildet, so sehen wir doch gerade in der von Arbeitgebenden mitfinanzierten betrieblichen Altersversorgung einen entscheidenden Vorteil gegenüber der privaten Altersversorgung. Da es sich zusätzlich um ein etabliertes Instrument der zusätzlichen Altersversorgung handelt, ist es für uns selbstverständlich, dass es dann auch möglichst allen Menschen zur Verfügung steht – mit guten, kostengünstigen und transparenten Produkten.

Mit dem vorliegenden Referentenentwurf wird eine Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag umgesetzt. Darin haben sich die Ampel-Parteien auf Folgendes verständigt: „Die betriebliche Altersversorgung wollen wir stärken, unter anderem durch die Erlaubnis von Anlagemöglichkeiten mit höheren Renditen. Zusätzlich muss das mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz bereits in der vorletzten Legislaturperiode auf den Weg gebrachte Sozialpartnermodell nun umgesetzt werden.“ Dafür werden in diesem Referentenentwurf die entsprechenden Maßnahmen umgesetzt.

Zur Weiterentwicklung des Sozialpartnermodells

Mit dem ersten Betriebsrentenstärkungsgesetz ist 2018 das sogenannte Sozialpartnermodell eingeführt worden. Das Sozialpartnermodell wird in § 21 des Betriebsrentengesetzes geregelt. Demnach handelt es sich um eine Vereinbarung der Tarifvertragsparteien zur Durchführung einer betrieblichen Altersversorgung in Form einer reinen Beitragszusage. Die Tarifvertragsparteien müssen sich anschließend an deren Durchführung und Steuerung beteiligen. Durch die Form der reinen Beitragszusage wird vollständig auf Garantien verzichtet. Eine Arbeitgeberhaftung gibt es nicht. Dadurch könne jedoch auch risikoreicher und damit renditestärker angelegt werden.

Eine Umsetzung ist bisher nur spärlich erfolgt. Die Zahlen zur Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung belegen, dass gerade Beschäftigte in Betrieben ohne Tarifbindung weniger eine eigene Betriebsrentenanwartschaft haben. Daher ist es aus Sicht des SoVD richtig, das Sozialpartnermodell auch für nicht-tarifgebundene Betriebe weiter zu öffnen. Auch macht es Sinn, Tarifparteien die Möglichkeit zu erleichtern, sich einem bestehenden Sozialpartnermodell anzuschließen. Ob die in diesem Referentenentwurf vorgesehenen Maßnahmen ausreichend sind, wird sich erst noch zeigen müssen.

Zur Geringverdiener-Förderung

Ebenfalls seit 2018 gibt es eine steuerliche Förderung für Arbeitgebende, die Beschäftigten mit geringen Einkommen eine arbeitgeberfinanzierte betriebliche Altersversorgung anbietet. Geregelt wird das in § 100 des Einkommenssteuergesetzes. Dieser Förderbetrag soll von maximal 288 Euro auf 360 Euro (30 Prozent der Fördersumme) angehoben werden. Damit kann ein Arbeitgeberzuschuss von bis zu 1.200 Euro jährlich gefördert werden. Der Arbeitgebende erhält den Förderbetrag, indem er ihn bei der nächsten Lohnsteuer-Anmeldung absetzt. Eine weitere Voraussetzung für die bAV-Geringverdienerförderung ist, dass eine bestimmte Einkommensgrenze nicht überschritten wird. Diese liegt aktuell bei 2.575 Euro und soll nun dynamisiert werden. Hintergrund dieser neuen Regelung ist es, dass die Beschäftigten durch Lohnzuwächse nicht mehr aus der Geringverdienerförderung rausfallen. Arbeitgebende haben so einen höheren Anreiz, eine Betriebsrente arbeitgeberfinanziert anzubieten, wovon letztendlich die Beschäftigten profitieren.

Aus Sicht des SoVD ist es richtig, die bAV-Geringverdienerförderung weiter auszubauen, um gezielt Beschäftigte mit kleinen Einkommen in den Kreis der arbeitgeberfinanzierten bAV-Begünstigten aufzunehmen. Denn betriebliche Altersversorgung lohnt sich nur dann für die Beschäftigten, wenn sich Arbeitgebende an der Finanzierung beteiligen.

So muss die gesetzliche Rente weiter gestärkt werden

Der SoVD erneuert seine grundsätzliche Position: Die gesetzliche Rente ist ein gutes System, das weiter gestärkt werden muss. Dafür ist in einem ersten Schritt die Stabilisierung des Rentenniveaus bei 48 Prozent wichtig. Perspektivisch fordern wir eine Anhebung des Rentenniveaus auf 53 Prozent, damit die Menschen dauerhaft höhere Renten erhalten. Zusätzlich muss die gesetzliche Rentenversicherung zu einer Erwerbstätigenversicherung weiterentwickelt werden, in die neben den Angestellten, alle Beamt*innen, Selbständige, Mandatsträger*innen und die Beschäftigten der berufsständischen Versorgungswerke einbezogen werden. Auch sehen wir es als SoVD sinnvoll an zu prüfen, inwieweit die Möglichkeit freiwillige Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung einzuzahlen, ausgebaut werden sollte. So könnte eine kostengünstige und einfache Alternative zu der kapitalgedeckten zusätzlichen Altersvorsorge ermöglicht werden. Denn als SoVD sind wir nicht davon überzeugt, dass die zum Teil hohen und versteckten Kosten der Kapitaldeckung im Vergleich zum kostengünstigen System der Umlagefinanzierung, einen Umbau der Alterssicherung in dieser Art rechtfertigen.

Darüber hinaus ist und bleibt die Grundlage für eine gute Rente im Alter der Arbeitsmarkt. Daher ist eine gute Arbeitsmarktpolitik – mit guten Löhnen, einem gesetzlichen Mindestlohn von 15,02 Euro, einem Ausbau der Tarifbindung, Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf, sowie eine Umwandlung der Minijobs in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung – auch immer eine gute Rentenpolitik.

Zum Schwerbehindertenausweis

Wir begrüßen die Verordnungsermächtigung zur Einführung eines EU-Behindertenausweises ausdrücklich. Dies ist eine langjährige Forderung des SoVD. Es ist gut, dass dieser zusätzlich zum nationalen Behindertenausweis eingeführt werden soll und dass nationale Bewertungen des Behindertenstatus erhalten bleiben. Dieser Ausweis dient Menschen mit Behinderungen als EU-weiter Nachweis eines Behindertenstatus und erlaubt Zugang zu denselben Vergünstigungen und Nachteilsausgleichen wie sie für Bürgerinnen und Bürger des Landes gelten, in das sie reisen. Die Nachteilsausgleiche gelten vornehmlich im Kultur- und Sportbereich. Der EU-Behindertenausweis ist für Menschen mit Behinderungen ein wichtiger Schritt zu mehr Freizügigkeit und Teilhabe in der Europäischen Union.

Berlin, 25. Juli 2024

DER VORSTAND
Abteilung Sozialpolitik